Selbstschuldnerische Bürgschaft

Definition und Merkmale der selbstschuldnerischen Bürgschaft

Die selbstschuldnerische Bürgschaft ist ein Begriff aus dem Kreditwesen und bezeichnet eine spezielle Form der Bürgschaft. Im Gegensatz zur einfachen Bürgschaft, bei der der Bürge erst dann in Anspruch genommen werden kann, wenn der Hauptschuldner zahlungsunfähig ist, haftet der Bürge bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft unmittelbar und ohne Vorbehalt. Das bedeutet, dass der Gläubiger den Bürgen sofort in Anspruch nehmen kann, ohne zuvor den Hauptschuldner vergeblich zur Zahlung aufgefordert zu haben.

Die selbstschuldnerische Bürgschaft ist in § 773 Abs. 1 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt und stellt eine Ausnahme von der Regel dar, dass der Bürge erst nach dem Hauptschuldner in Anspruch genommen werden kann (sog. subsidiäre Haftung). Bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft wird diese subsidiäre Haftung ausgeschlossen, der Bürge haftet also primär.

Anwendung und Beispiele für die selbstschuldnerische Bürgschaft

Die selbstschuldnerische Bürgschaft kommt häufig im Geschäftsverkehr zum Einsatz, insbesondere bei Kreditgeschäften. Ein typisches Beispiel ist der Fall, dass ein Unternehmen einen Kredit bei einer Bank aufnimmt und ein anderes Unternehmen oder eine Privatperson sich bereit erklärt, als Bürge für die Rückzahlung des Kredits einzustehen. Ist die Bürgschaft selbstschuldnerisch, kann die Bank im Falle eines Zahlungsausfalls des Kreditnehmers sofort den Bürgen zur Zahlung auffordern.

Ein weiteres Beispiel ist die Mietbürgschaft. Hierbei erklärt sich eine Person (oftmals die Eltern) bereit, für die Mietzahlungen des Mieters einzustehen, falls dieser nicht zahlen kann. Auch hier kann der Vermieter im Falle eines Zahlungsausfalls sofort den Bürgen zur Zahlung auffordern, wenn die Bürgschaft selbstschuldnerisch ist.

Risiken und Kritik an der selbstschuldnerischen Bürgschaft

Die selbstschuldnerische Bürgschaft birgt für den Bürgen ein hohes Risiko. Da er unmittelbar und ohne Vorbehalt haftet, kann er schnell in eine finanzielle Schieflage geraten, wenn der Hauptschuldner zahlungsunfähig wird. Daher sollte man sich als Bürge genau überlegen, ob man eine solche Bürgschaft übernehmen möchte und ob man das finanzielle Risiko tragen kann.

Kritiker der selbstschuldnerischen Bürgschaft bemängeln, dass sie den Bürgen in eine zu große Abhängigkeit vom Hauptschuldner bringt und dass sie oft in einer Notlage oder aus Unwissenheit übernommen wird. Sie fordern daher, dass die selbstschuldnerische Bürgschaft stärker reguliert oder sogar abgeschafft wird. Trotz dieser Kritik ist die selbstschuldnerische Bürgschaft in der Praxis jedoch weit verbreitet und wird von vielen Gläubigern als Sicherheit verlangt.